Adriana Varela gilt als Weltstar des Tangos. In der argentinischen Gegenwarts-Musik zieht ihre fesselnde Stimme ein Publikum auch weit jenseits des Genre Tango an. Am 12. Mai 2017 war sie im Porgy & Bess in Wien zu Gast. Ihren ersten Auftritt in Wien gestaltete sie als Midnight-Special und intimes Clubkonzert für ihre Fans.
In Wien erregt sie kaum öffentliche Aufmerksamkeit jenseits der angestammten Szene. Einer Szene die sich aus Tango Argentino Tänzern, Musikliebhabern und Mitgliedern der Latino Community zusammen setzt. Gut möglich dass der eine oder andere Neuling, der hier Adriana Varela das erste Mal hörte, die Entdeckung seines Lebens machte.
Erst vor wenigen Tagen feierte die Vollblut-Tangosängerin ihren 65sten Geburtstag. Keine andere zeitgenössische weibliche Tango-Sängerin kann mit ihrer Vielseitigkeit konkurrieren. Sie spielt mit traditionellen orquesta típica, elektronischen Tango-Innovatoren wie Bajofondo Tango Club und hat sich den Tango-Rock sowie Uruguayan Candombe und Murga geschnappt.
Punkt Mitternacht zeigte sie sich auf der Bühne im Porgy & Bess. Begleitet wurde sie von ihrem dreiköpfiges Ensemble in reduzierter Tango Instrumentierung: Klavier, Gitarre und Bandoneón. Das Bühnenbild: ein roter Clubsessel. Mehr brauchte „La Gata“ nicht um das Publikum zu faszinieren.
Die Erwartungen sind hoch.
Mit „Por una cabeza“, einem recht populären Titel von Carlos Gardel aus dem Jahr 1935, schwingt die Künstlerin sich und das Publikum ein. Es braucht etwas um sich miteinander zu einem gemeinsamen musikalischen Organismus zu verbinden. Die nächste Stunde wird den emotionalen Höhen und Tiefen des Lebens am Rio Plata gewidmet sein. Emotionen und Leben das aus tiefsten Herzen kommt. Es zu ertragen, dafür gibt es die Gemeinschaft. Die Gemeinschaft findet sich über die Musik. Nach und nach fanden sich Musik und Publikum. Adriana Varela erzählte von Avellaneda – ihrem Geburtsort. Sie möchte ihrem Publikum eine Nacht in Buenos Aires schenken. Musikalisch hatte sie dafür überwiegend Klassiker aus der „Goldenen Aera“ des Tangos vorgesehen. Sie nahm das Publikum auf eine Zeitreise durch ihre Diskografie mit. Eine Auswahl die vom Wiener Publikum goutiert wurde.
Bei „Malevaje“ war es dann soweit. Der Funke war endgültig übergesprungen. Dann ein ruhiges Stück, nur vom Klavier begleitet. Offenbar ein Zitat aus ihrem aktuellen Album „Adriana Valera y Klavier“. Auch zu „Nada“ ließ sie sich nur vom Klavier begleiten. Mit diesem Stück von José Dames (1944) schaffte die Valera ihr Bravourstück des Abends. Ihre sinnliche Persönlichkeit, da vorne auf der Bühne, mit der fantastisch schwülen Stimme. Die einen einzigartigen „Sprechgesang“ zur ausdrucksstärksten Stimme der Milongas, Candombes und Tangos entwickelt hat, interpretiert im Stile französischer Chansons einen Tango der im Milonga Rhythmus daher kommt. Man könnte fast meinen, Edith Piaf und Marlene Dietrich wären auf Besuch in Buenos Aires.
„Malena canta el tango como ninguna…“
Übergangslos beginnt sie mit dem Publikum einen Dialog. Ein Anekdoten und Fragen Ping Pong mit den Fans, die sich gerne daran beteiligten. Mag sein, dass es für die spanisch sprechende Fangemeinde ein großes Erlebnis ist, aber zur eben aufgebauten Stimmung trug es wenig bei. Mag sein, dass die Varela ein wenig müde wurde – sie war erst ein paar Stunden zuvor vom Guitar Bcn aus Barcelona in Wien eingetroffen.
Mit „Malena“ kam die Sängerin aus der Pause zurück. Ansatzlos schaffte sie ein weiteres Highlight des Abends. „Malena canta el tango como ninguna…“ Sie wurde von einer soliden Gitarre zu einer berührenden Ballade begleitet. Obwohl 1941 von Lucio Demare geschrieben, fließt der Tango in allerfeinster Nuancen aus der Varela als wäre er ihre eigene Autobiografie. Eine Interpretation die niemanden unberührt ließ „…Malena tiene pena de bandoneón.“
Zum Ende des Abends wurde mit „Naranjo en flor“, ein dem Publikum bestens vertrauter, „Hit“ serviert. Durch saalfüllendes Mitsingen kam im Pory & Bess einer Art von Familienfest-Stimmung südamerikanischer Herkunft auf. Wieder ließ sich „La Gata“ auf Konversation mit dem Publikum ein. Mit „Los Mareados“ und „Volver“ wurde der Abend beschlossen. Als Zugabe folgte dann – nicht unerwaret – „La Gata Varela“. Damit entließ sie ihr Publikum in euphorischer Stimmung nach Hause.
Zur Person: Adriana Varela, geboren am 9. Mai 1952 in Avellaneda (Buenos Aires). Sie startete als typische Rockmusikerin bevor sie vom Tanguero Roberto Goyeneche entdeckt wurde. 1991 begann ihre Karriere im Melopea-Label mit einer Kassette. Die dort enthaltene “Muñeca brava” brachte ihr Anerkennung. Im selben Jahr erschien sie auch in den Filmen Al corazón unter der Regie von Mario Sabato und später in Marcelo Piñeyros Plata quemada. Musikalisch begleitete sie den Film „Tango“ des spanischen Regisseurs Carlos Saura. Im Laufe ihrer Karriere stand Sie mit internationalen Größen wie Paul Anka, Liza Minnelli, Celia Cruz, Joaquin Sabina oder Serrat auf der Bühne. Sie gilt als Ikone des Tango in Buenos Aires und hat in Argentinien einen ähnlichen Kultstatus wie die charismatische Edith Piaf. Bisher veröffentlichte sie 12 Alben. Trotz ihres einzigartigen Talents ist sie keine produktive Aufzeichnungskünstlerin. Ihr aktuelles Album: „Adriana Varela y Piano“. Darauf singt sie in alleiniger Begleitung durch die 88 weißen und schwarzen Tasten . |
Adriana Valera im Porgy & Bess, 12.05.2017. Line up: Adria Valera, Gesang | Marcelo Macri, Klavier (musikalische Leitung) | Rafael Varela, Gitarre | Walter Castro, Bandoneón Playlist: Por una Cabeza | Madame Yvonne | Por la vuelta | Malevaje | Don Augustin | Nada | Garúa | Fuimos | Fruta Amarga | Malena | Naranjo en flor | Los Mareados | Volver | La gata Varela |
www.adrianavarelatango.com
www.porgy.at
Musikalisches Portrait von Adriana Valera:
Bilder: © Bernhard Siegl | Plakat: ©LSbooking/Laura Suarez
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