Aktuelle Termine finden Sie auf: www.tango-vienna.com , www.galeria-ideal.at und Facebookgruppe: Tango in Vienna
Eine Übersicht über die Sommer Milongas unter freiem Himmel und in Pavillons gibt es hier.
Der Falter ist eine Wochenzeitung mit einem umfangreichen und allgemeinen Eventkalender der Stadt (Printausgabe jeden Mittwoch). Das Stadt-TV OKTO sendet mit „ OCHO “ 1 x Monatlich ein 15 Minütiges Tango-TV.
Wien hat eine dynamisch wachsende und aktive Tangoszene. Sie ist allerdings sehr zersplittert und neben etablierten, professionellen Tanzschulen und Eventorganisatoren, versorgen zahlreiche “Idealisten” die Tangueros mit regelmäßigen Kurs- und Workshopangeboten und Möglichkeiten für Prácticas und Milongas. Über Termine wird hauptsächlich über Facebookgruppen und dem Kalender von tango-vienna.com informiert. Das führt zu einer – gerade für Neueinsteiger und Touristen – verwirrenden Informationsflut, weshalb meine Übersicht der Versuch ist, einen generellen und einfachen Überblick zu verschaffen.
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Vito Venturino und Pablo Montanelli lernten sich in Bilbao, in Spanien kennen, als sie, unabhängig voneineander, auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, während argentinischer Wirtschaftskrisenjahre, dorthin gezogen waren. Ihr erstes Aufeinandertreffen ereignete sich in einer Radiostation. Ein paar Stunden später waren sie eine Duo geworden, dass zunächst Rock-, Jazz und Blues spielte und als Backgroundmusiker von Bands der Clubszene engagiert wurden. Heute sprechen sie von einem magischen Treffen. Um rund um ihre musikalischen Ideen eine Gruppe zu gründen, kehrten sie nach Buenos Aires zurück. Wieder verbunden mit ihren Porteño-Wurzeln war es 2008 dann so weit. Das Quinteto El Cachivache wurde geboren. Rasch fielen sie in Europa und Asien durch ihren sehr ausgeprägten modernen Stil auf, der Tänzer und Liebhaber klassischer Tangoarrangements gleichermaßen begeistert. Seither überrollt das Quintett, mit hoher Produktivität, überbordender Vitalität, Temperament und unbestreitbar zeitgenössischem Sound, jede Bühne. Warum sich das Ganze Tango-Punk nennt und was es mit Punk zu tun hat, ist im günstigsten Fall ein Mysterium. Tatsächlich wirkt es mehr wie Marketingmachwerk irgendeines PR Agenten. Die Musiker wissen es und begegnen uns mit Humor und keinem bisschen Aggression. Kein Iro, keine Stachelfrisur, keine Nieten und noch nicht mal Piercings, bloß nette T-Shirts und Sneakers. Selbst „Cachivache“ als Synonym für „Trash“ im spanischen Slang, muss man sich auch erst mal zusammenreimen können. Auf der Bühne stehen dann – auf gut wienerisch: geschnäutzte, gekampelte und frisch geduschte – Profimusiker, die definitiv tanzbare Songs, in einer beeindruckend vitalen Tangotradition spielen. Möglicherweise sind ihre Interpretationen von höherer Authentizität , als so manches, noch so gut arrangierte Werk, zeitgenössischer Musiker, die sich uns als besseres Original verkaufen wollen. Nichts zerstört das Herz des Tangos, ja noch nicht einmal deformiert wird der Tango. Sie lieben die alten Werke und wenn nach der Pause, ein wunderbar lyrisches „Inspiracion“ von Rubinstein daherkommt, dann muss man wissen, das Original stammt aus 1918.
Mit „Comparsa criolla“ von Rafael Iriarte (1930) eröffnete das Quintett und schien tatsächlich, mit sich überschlagenden und verzerrter Melodik, (Tango) Punk auf die Bühne bringen zu wollen. Eine gewisse Irritation im Publikum war spürbar. Wollten sie uns provozieren, reizen und strapazieren? Beherrschen sie nur brachiales Tonleitern rauf und runter? Prüfen sie das Publikum und dessen Schmerzgrenzen? Der Spuk war mit „Buscandote“ von Osvaldo Fresedo schlagartig vorbei und nach und nach machte sich eine entspannte Stimmung im Publikum breit. Pablo Montanelli am Piano trieb, speziell bei seinen eigenen Kompositionen, mit manchmal sehr eigenwilliger Art das Instrument zu spielen, die Band vor sich her. Er zwang die E-Gitarre zu voller Unterstützung für das Bandoneón, welches mit größtmöglicher Energie (und Mühe) dagegen zu halten versuchte. Eine Konstellation, die hervorragend passte und wirkte. Dieses Zusammenspiel ist eine Ansage und Empfehlung an alle Modernisierungstheoretiker die eine Erneuerung des Tangos diskutieren. Vielleicht verstehen die Musiker genau dieses Element als Punk – kümmert euch nicht um die Erwartungen, habt Spaß, genießt den Moment und begeistert das Publikum. „El Ingeniero“ von Alejandro Junnissi (1930) darf als Beispiel herhalten. Der Stakkatorhythmus brachte geradezu körperlich spürbar die rechtwinkelige und starre Welt des Protagonisten in die Köpfe der Konzertbesucher.
Von 18 Stücken waren zehn Kompositionen von Montanelli oder Venturino. Die Unterschiede zu den Klassikern von Fresedo, Iriarte, Rubinstein, etc. sind gering gehalten. Vielleicht liegt es daran, dass diese Band seit Jahren ihre Brötchen in erster Linie auf Milongas in Buenos Aires verdient. „Blues de Wanda“ von Venturino brachte Jubel und Extraapplaus ein, welcher endgültig bewies, die haben ein Gespür dafür, was Tänzer mögen und brauchen. Spielfreude, guter Rhythmus, Abwechslungsreiche Schnelllangsam-Wechsel und viele Wendungen. Der zweite Teil des Abends war ruhiger angelegt, eher am Flow orientiert und ließ Vorfreude auf die Milonga aufkommen. Als Zugabe gab es mit „Paternal“ ein Stück von Pablo Montanellis Soloprojekt „Piano Piano“ – ein recht schräges Piano Solo, dass irgendwie nicht zum Abend passte und durch einen nahtlosen Übergang in das Stück „Bis“ gerade noch aufgefangen wurde. Insgesamt ein Konzert, dass am Ende begeistert beklatscht wurde und die Kategorie „fast wäre ich nicht hingegangen, aber jetzt, … schön, dass ich es doch erlebt habe“ nachhaltig bereichert.
Tango TV Beitrag über El Chachivache auf okto.tv
]]>Im Burggarten, vor der Karlskirche, im Volksgarten und an der Alten Donau sieht man Paare den Tango Argentino tanzen. Die sommerlichen Milongas, unter freiem Himmel und in luftigen Pavillons, sind wieder da. Sie bringen Tangueros ins Stadtbild, die den Tango in Wien lebendig und sichtbar machen. Vorbeikommende und Touristen erfreuen sich an Musik und Tanz, sind zum Verweilen und Goustieren eingeladen und bilden, umgeben von romantischen Plätzen, einen inspirierenden Rahmen für die Tanzpaare.
Die sommerlichen Milongas haben schon eine lange Tradition in Wien. Mit Mitte Mai beginnend, wird bis Anfang September dem Tango gehuldigt. Ihre Gründungen verliefen meist recht unkonventionell durch aktive Tangotänzer, die (manchmal ohne lange nachzufragen) markante Plätze in Beschlag nahmen und so ein gerne angenommenes Angebot für die Tangogemeinde schufen. Ich möchte Sie auf eine kleine Milonga-Stadtwanderung mitnehmen und die Locations vorstellen. Aktuelle Termine und Veranstaltungsinformationen finden sie im bekannten Wiener Tangokalender: www.tango-vienna.com. Infos zu allen anderen Locations der Stadt finden sie auch hier auf dem Tango-Blog .
1. Crossovermilonga im Burggarten
Beginnen wir am Samstagabend und im Herzen von Wien. Auf den steinernen Stufen der Treppe, die zur Nationalbibliothek hinauf führt und Teil des historischen Ensembles der Alten Wiener Burg ist, lassen sich die Tänzer nieder. Davor liegt eine scheinbar endlose, marmorne Tanzfläche, die sich bis zum Schmetterlingshaus hinzieht und erst vor dem Palmenhauscafé enden möchte. Näher ins historische Zentrum von Wien kann man nicht gelangen, will man draußen tanzen.
Die vielseitige Freiberuflerin Susanne Maurer nahm im Sommer 2004 auf eben dieser Marmortreppe vor der Nationalbibliothek Platz, um per Kassettenrekorder und ohne Vorbereitung, Tangos zu spielen und zum Tango zu animieren. Heute, 14 Jahre später zählt die „Milonga im Burggarten“, zu einer der Beliebtesten in Wien und ist wohl auch eine der größten, was die Zahl der Tangueros angeht. Sie gehört zum Konzept der Crossovermilongas, die noch weitere Locations bespielt. Unterstützt wird DJ „Soozie“ von Martin Haslehner , der den Ruf hat, ein ausgezeichneter Kenner der EDO-Tangos zu sein. Er hat die Kunst, alte Schellack- und Vinylplatten zu digitalisieren, in einmalige Höhen getrieben und bringt Originalaufnahmen in ihrer Ursprungsqualität mit. Die DJs Soozie & Martin spielen im Burggarten einen Mix aus traditioneller Musik, überrascht das Publikum aber auch mit unkonventioneller musikalischer Kost, ganz ihrem dem Credo verhaftet: „Der Tango ist vielfältig, er muss nicht unbedingt strikten Regeln folgen.“ Spontan mischen sich immer wieder Touristen und weniger Geübte zu den Tänzern und so geht es auf einer Burggartenmilonga recht zwanglos zu. Um Punkt zehn ist Schluss. Die Tänzer und auch manches sich neu gefundene Paar wechseln in das Palmenhaus Café und Bar hinüber, um den Abend in die Nacht hinein, in mediterranem Flair ausklingen zu lassen.
2. Milonga am Karlsplatz
3. XPT Milonga im Volksgarten Pavillon
Der Pavillon im Volksgarten, von Oswald Haerdtl erbaut, gilt als eine Stilikone der 1950er Jahre. Es gibt wohl kaum einen lebendigeren und gleichzeitig schöneren Platz, wie hier, unter alten Kastanien eine laue Sommernacht zu erleben, einen großartigen Blick auf den Heldenplatz haben und mitten in der Stadt an einem Bach zu sitzen. Das Tango XPT-Konzept, es stammte ursprünglich vom Berliner Alexander Darda, wurde vor 10 Jahren vom Augsburger Peter Seitz mit TanDo aufgegriffen und in München weiterentwickelt. Vor sechs Jahren hat die Wienerin Alessandra dann ihren Peter kennen und lieben gelernt. Peter ist nach Wien gezogen und hat das XPT Konzept mitgebracht. Gemeinsam leben die beiden den Tango als Beruf, Hobby und künstlerisches Gesamtkonzept das Musik, Tanz, Kunst, Fotografie und Multimedia umfasst. XPT bedeutet „Experimental“ – damit wollen sie auch andeuten, dass es ihnen um „ihren“ Tango geht, welcher uns verzaubern, überraschen und auch mal zum Lachen bringen kann. Längst schon sind die XPT Milongas (im Winterquartier im Weberknecht, und seit heuer im Sommerquartier im Pavillon) fixer Bestandteil der Wiener Milongaszene. Es gibt Abende da, werden fast gar keine typischen Tangos gespielt, da kommt das französische Chanson, das Wienerlied oder die italienische Arie vor. Jeder Abend ist anders, es gibt keine statische Playlist, die DJs versuchen dem Flow der Tänzer zu folgen und deren Gemüts- und Stimmungslagen entgegenzukommen. Vielleicht ist es ausgerechnet das Unübliche, aber ganz sicher ist es das Ambiente, dass dazu beiträgt, dass sich diese Milonga durch Kultiviertheit auszeichnet und eine Fangemeinde angezogen hat, die es versteht, sich mit gewisser Eloquenz dem Tango hinzugeben.
Der Pavillon ist von einem Gastgarten umgeben, der durch Hecken und Sträucher geteilt, Ruheoasen mit vielen Tischchen und Stühlen bildet, die zum chillen einladen und wo sich, dank einer guten Küche auch hervorragend essen und trinken lässt. So ist diese Milonga auch eine Empfehlung dafür, nicht tanzende Freunde mitzubringen oder möglichen Tangokandidaten richtig Lust auf den Tango zu machen.
4. Latinanza an der Alten Donau
5. After-Work-Neolonga, Donauinsel
Seinen ersten Sommer als DJ und Milongaveranstalter erlebt gerade Bernhard Kaindl . Der Newcomer bespielt im indischen Restaurant Summerstation eine urwüchsige und sommerliche Chill Out Location, die zwischen den Wassern und mitten auf der Donauinsel liegt. So ungezwungen und unkonventionell wie sich viele, der hier vorbei flanierenden Inselbesucher geben, versucht er auch seine Playlist zu halten.
Sein Librelonga Project widmet sich dem Tanzen zu Nontangos. Darunter möchte Bernhard Kaindl ein „frei sein“, im Sinne von einem, sich nicht an die üblichen traditionellen Milongas verpflichtet fühlen, verstehen. So eröffnet er sich und seinen Milongueros ein weites Spektrum an (instrumentaler) Musik und Möglichkeiten sich über das Tanzen von Tango auszudrücken. Librelonga fördert aber auch die Wechselwirkung zwischen dem Flow auf der Tanzfläche und der Musikauswahl, die schließlich als Inspiration vom DJ Pult kommt. Bernhard Kaindl entdeckte den Tango in Graz, wurde dann in seiner Zeit in Nürnberg quasi Nontango sozialisiert. Seit 10 Jahren in Wien lebend, gehört er jetzt zu jenen Nontango-Jüngern, die sich auch der Entwicklung der Tangoszene aktiv widmen.
Die Summerstation versteckt sich unter hohen Bäumen und ist durch zeltartige Überdachungen einigermaßen Wechselwettersicher. Karibisches Flair, ausreichend Tische, Selbstbedienung und eine günstige indische Küche, fördern Freizeit- und Urlaubsfeeling beim Plaudern mit Tangofreunden. Vorsichtig sollte man bei der Auswahl der Tanzschuhe sein. Der Betonboden ist etwas rau. Die Milonga endet ja nach Gästezahl und Stimmung des Lokalbetreibers zwischen 22 und 23 Uhr.
6. Estrella Fugaz an der Alten Donau
Bereits im Fin de siècle , der Zeit von Freud und Jugendstil wurde im „Krize-les-bains“, wie das Donaustrandbad Kritzendorf am Stadtrand genannt wurde, zur Musik der Strandorchester und im Badekostüm Tango getanzt. „Das soll auch in der Gegenwart schon vorgekommen sein“, erzählt Beate Wist, Veranstalterin einer ganz besonderen Open-Air-Milonga.
Estrella Fugaz feiert heuer das 20-jährige Bestandsjubiläum. Seit 1998 (!) betreibt Beate Wist diese Milonga und keine Veröffentlichung über die Entwicklung des Tangos in Wien kommt ohne ihre Nennung aus. Die „Sternschnuppe“, wie die spanische Übersetzung lautet, ist die vielleicht puristische Milonga, die es überhaupt geben kann. Obwohl nur einen Katzensprung von der Großstadtnervosität entfernt, liegt dieser Ort in größter Distanz zu ihr. Es kann zwar vorkommen, dass sich ein paar Jugendliche noch per „Köpfler“ von der Holzplattform ins Wasser werfen, während die ersten Tänzer schon zueinander finden, aber das ist nur skurriles Beiwerk zum Erzählen. Natur und Tango pur für alle, die sich auf die einfache, achteckige Holzterrasse wagen, die auf Stelzen über das Wasser der Alten Donau ragt. Sie fällt ohne Geländer zum Wasser hin ab, kein Schnickschnack, kein künstliches Licht, nur Stille und die Großstadtskylinie im Hintergrund – hier wird der Tango in seiner Essenz genossen. Darauf legt DJ Beate auch großen Wert. Wer sich seit Jahrzehnten mit dem Tango beschäftigt und zur Gründergeneration der modernen Tangoszene in Wien gezählt wird, bringt wohl jenen Grad an Wissen, Feeling und Musik mit, die den Milongueros so richtig etwas mitgibt. Beate hat Dutzende Tanzlehrer und Musiker aus Argentinien kennengelernt und war deren Schülerin in Wien. Von daher hat sie ihr Qualitätsverständnis und die Möglichkeit eine traditionelle Milonga anzubieten, die sich unterscheidet. Für zwischendurch und zum Ausklingen lassen, bietet sich das bodenständige Strandbeisl vis a vis an.
Vielleicht ist es der eng umrissenen Begrenztheit einer Plattform geschuldet, welche übergangslos ins Nichts abfällt, dass sich zwischen den Tänzern eine intimere Spannung aufbaut als anderswo. Vielleicht liegt es an der Musikauswahl. Es wird von Fall zu Fall anders sein, aber niemand geht von hier weg ohne ein tieferes Tangoerlebnis genossen zu haben, dass man als ruhig als „magisch“ bezeichnen darf.
7. Tango Germano Open Air
Wer an der Milonga am Yppenplatz vorbeikommt, gewinnt den Eindruck, dass der Tango in Wien nirgendwo besser hinpasst, als in die Mitte von Ottakring. Altwiener Grätzlflair, türkisch geprägtes Multikultiambiente, der Brunnenmarkt, eine Armada an Tischen und Stühlen, die zu einem Dutzend Lokale gehören und von einem überwiegend Alternativen und eher studentischen Publikum bevölkert werden – und Mittendrinnen befindet sich die Tanzfläche am Yppenplatz. Mittendrinnen auch, der aus Salerno stammende Germano Milite, der hier die Tangogemeinde zu einer traditionellen Milonga versammelt. Auch könnte wohl nichts besser zum Charakter eines Italieners passen, als wie diese Piazza mit ihrer Vielfalt, lauten Fröhlichkeit und ausgelassener Stimmung. Es geht zwanglos zu und die Möglichkeit zwischendurch mal eben zwischen verschiedenen Lokalen zu wechseln, eine Pizza zu essen oder ganz einfach seinen Geburtstag mit Freunden bei Tango und Kulinarik zu feiern, trägt zu entspanntem südländischen Tangofeeling bei.
Germano (Tango Germano) Milite lebt seit dreizehn Jahren in Ottakring und wurde mit Milongas und Workshops, die anfänglich allesamt in seinem Wohnzimmer stattfanden, ein Szenebegriff. Er hat ein eigenes und spezielles Unterrichts- und Workshopkonzept entwickelt, dass er Schülern – nur im kleinen Rahmen – in der nahe gelegenen „Kunst-Tank-Stelle“ erfolgreich anbietet. Zugleich bildet sie auch eine Winter- und Schlechtwetter-Dependance, wodurch die Tango Germano Milonga ganzjährig im Milongakalender vertreten ist.
www.tangogermano.com
8. Tango Cafe Open Air Milonga an der Donau
Auch 2018 lädt DJ Isi Osmani zu einer Sommer Milonga direkt an der Donau ein. Und wieder bietet sich ein fantastischer Blick auf die abendliche bzw. nächtliche Skyline der Donaucity. DJ Isi stammt aus dem Kosovo, hat in Heidelberg Politikwissenschaften studiert und lebt seit 2014 in Wien. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Kunst- und Ausdruckstherapeutin Elisabeth Tolloy, erfüllt er sich seine Tangoliebhaberei. Tango, in dessen ganzer facettenreicher Vielseitigkeit zu präsentieren, haben sie sich zu ihrer Aufgabe gemacht und ist ihnen Herzensangelegenheit. So bereichern sie die Szene und sind mittlerweile zu sehr engagierten und umtriebigen Milonga Veranstalter gewachsen. Z.B. ist ihre Milonga in der Kornhäuslvilla längst sonntäglicher Fixpunkt im Wiener Tangokalender. Hier wie dort sorgt DJ Isi mit seiner entspannten und lässigen Art für Wohlfühlstimmung und die traditionelle Musikauswahl führt direkt in die Beine der Milongueros. Oft aber überrascht die letzte Stunde der Milonga mit alternativen Tangos, die eine eigene Anhängerschaft gefunden haben. Entsprechend offen ist das Publikum zusammengesetzt. Jeder wird herzlich begrüßt, viele kennen sich, niemand wird ausgeschlossen, man darf sich auch ungezwungener geben, was aber nicht bedeutet, dass hier auf Umgangsformen und äußerer Auftritt verzichtet wird. Die Location ist bekannt für das mediterrane Restaurant Delphin, welches direkt an der Donau liegt, in der Zwischenetage eine Longe und Bar zum chillen bietet und im Obergeschoss, „hoch“ über der Donau, unter freiem Himmel und über einen Fußgängersteg direkt mit der Stadt verbunden, finden wir eine kleine und intime Tanzfläche, die Platz für ein Dutzend Paare hat. Laue Sommernächte an einer ruhig vorbeifließenden Donau und umgeben vom Tango, …was will der Milonguero mehr.
Tango Cafe Milonga
Milonga in der Kornhäuslvilla, Blogpost auf Tango-Blog.at
1. Das Konzert mit Solo Tango Orquesta
Die Musikfreunde Bisamberg , mit Christian Roscheck an der Spitze, haben es sich zum Ziel gesetzt ihrem Publikum im Festsaal des Schlosses von Bisamberg, Konzerte auf hohem Niveau zu präsentieren. Mit dem russischem Ensemble Solo Tango Orquesta gelang es den Musikfreunden Anspruch und Wirklichkeit auf höchstem Level miteinander zu verbinden. Das aus Moskau angereiste Orchester ist seit seiner Gründung im Jahr 2010, zu einem der ganz großen Tangoorchester gereift und weltweit im Dauereinsatz. Der Erfolg kam nicht von ungefähr und hängt wohl auch etwas damit zusammen, dass sich Moskau derzeit als echter Hotspot des Tangos entwickelt. Man denke nur an die Tango-Weltmeisterschaften 2017 (Tango Buenos Aires, Festival y Mundial), welche vom Wettbewerb zwischen argentinischen und russischen Paaren geprägt waren. Das Solo Tango Orquesta begleitet das, schlussendlich achtplatzierte, Paar Dmitri Vasinund und Sagdiana Khamzina.
Nicht zu unrecht gilt das Quartett als eines der führenden Ensembles seines Faches. Sie beherrschen ihr Handwerk und der Klang des Orchesters unterscheidet sich durch perfektes Stilgefühl, kraftvolle Energie und präzise Aufführungsqualität ganz deutlich von der Konkurrenz. Mit einem Repertoire, das komplexe Tangolieder, die in großen Konzertsälen gut klingen umfasst, aber auch Klassiker der besten Tanzmusikorchester der „Época de Oro“ einschließt, die sie auf Milongas spielen, touren sie um die Welt.
Alexander Ryazanov (Violine), Artem Timin (Klavier), Ilya Alpeev (Kontrabass) und Pavel Ratynsky (Bandoneón), sind zwischen 27 und 34 Jahre alt. Alle vier haben sie eine klassische Musikerausbildung hinter sich, den einen oder anderen Musikpreis in der Vitrine stehen und tragen eine anhaltende Liebe zum Tango mit sich. Bevor sie sich trafen, war jeder einzelne bereits ein international gefragter Orchestermusiker. Erst durch ihr Aufeinandertreffen wurde jedem von ihnen, das vorhandene Tangopotenzial so richtig bewusst, an dem kein Weg mehr vorbeiführen würde. So entschieden sie sich für den Tango als ihren gemeinsamen musikalischen Weg und verließen die Bühne der klassischen Orchestermusik.
Ihr Konzert im Festsaal des Schlosses Bisamberg, war stark an Astor Piazzolla orientiert. Das war eine gut Entscheidung, denn wenigstens die Hälfte des Publikums waren Abonnenten und Klassikliebhaber. Ihnen gefiel die Präzision mit der die vier auf der Bühne agierten. Die Dynamik am Klavier, das sehr eigenständig, lebhaft und im Kontrast zum Bandoneón spielte. Pavel Ratynsky wirkte eher minimalistisch am Bandoneón, was gerade bei den Piazzolla Stücken gut ankam. Aber er konnte auch anders. So lieferte er eine punktgenaue Show zu „Watashi“ des japanischen Komponisten Taro Hakase, welche das Publikum mitriß. Spätestens bei diesem Stück wurde auch den Tangolaien im Publikum klar, dass sie es hier mit einer facettenreichen Musikform und Klassekünstlern zu tun hatten, die genau wussten was sie taten. Beim “Vals numero uno” von Artem Timin, zum Beispiel, schwieg das Banoneón und die Violine von Alexander Ryazabov holte sich Sympathien beim Publikum ab. Ryazabov gab zwischendurch auch einen launigen MC, während Bassist Ilya Alpeev recht kraftvoll im Hintergrund das Quartett vorantrieb. Dem Publikum wurde viel geboten, es dankte mit hochgradiger Aufmerksmakeit. Bis zum letzten Takt, der letzte Note und auch noch das letzte Stücken Klangschwingung wurde aufmerksam aufgenommen. “ Etwas, dass dieses Publikum auszeichnete und in dieser Form auch das Orchester beeindruckte”, wie mir Pavel Ratynsky nach dem Konzert sagte. Sie waren das erste Mal in Wien und es bleibt zu hoffen, dass sie bald wiederkommen.
Playlist: 1. S et: Canaro en Moscu (J. Caldarella/A. Scarpino, Arr. Solo Tango) | Revirado (Astor Piazzolla) | Jacinto chiclana (Astor Piazzolla) | El choclo (Ángel Villoldo) | Vals numero uno (Artem Timin) | El ultimo Cafe (Héctor Stamponi, Arr. Solo Tango) | El arranque (J. De Caro, Arr. El Arranque) | Chiqué (R. Brignolo, Arr. Pugliese) | Obertura („Forever Tango“ Tango Show) 2. Set: Los mareados (Juan Carlos Cobian) | Watashi („Forever Tango“ Tango Show) | Biyuya (Arr. Solo Tango) | Mi refugio (Juan Carlos Cobián) | Ausensias (Astor Piazzolla) | Tzigane Tango („Forever Tango“ Tango Show) | Primavera porteña (Arr. Color Tango) | Oblivion (Astor Piazzola) | Libertango (Astor Piazzolla) | Vayamos al Diablo (Zugabe, Astor Piazzolla)
2. Die Milonga mit DJane Anna Poliakova
Die „Sommelier de Chocolates“ und Inhaberin der Schokoladenmanufaktur „bitter süss“, Gesa Weitzenböck aus Wien, ist begeisterte Milonguera, zeichnete für die Milonga organisatorisch verantwortlich. Sie hatte Anna Poliakova engagiert, die aus St. Petersburg angereist war. Die international erfahrenen DJane, die selbst seit zehn Jahren Tango tanzt, hatte die nicht leichte Aufgabe, den Übergang von der Wucht des Konzerts und einer daran anschließenden Umbauphase, zu stemmen und nach einem Zwischenspiel des Orchesters, einen würdigen Schlussakkord zu setzen.
„Für Tänzer zu spielen ist magisch, weil ich die Möglichkeit habe, Stimmungen zu schaffen, die sie ein wenig glücklicher machen, sie in einen Flow begleiten oder ganz einfach nur um ihnen eine gut Zeit zu verbringen,“ erklärte sie ihren Zugang als Milonga DJ. Sie beobachtet ihren Wirkungsgort und versucht ihn zu beschreiben und daraus folgt dann die Musikauswahl. „ Den Festsaal in Bisamberg, empfand sie als fröhlichen Ort der Begegnung unter Freunden, die eine gewisse Feierlichkeit mitgebracht hatten.“ Anna ist eine Freundin der traditionellen Milonga, weshalb Tandas und Cortinas selbstverständlich sind. Nach einem schüchternen Beginn, füllte sich die Tanzfläche dann doch rasch und die Milonga nahm an Fahrt auf. Anna Poliakova spielte dann auch hauptsächlich Klassiker. Sie ging kein Risiko ein, kannte sie doch das Publikum nicht, denn es war ihr erstes Engagement in Wien. Deutlich entspannter ging Sie nach der Milongaeinlage des Orchesters ans Werk. Die Stückauswahl war stärker am Gedanken, das Publikum in einen Flow zu führen orientiert, was soweit ganz gut gelang. Die anwesende Wiener Tangoszene kam auf ihre tänzerischen Kosten.
3. Die Milonga mit
Solo Tango Orquesta live
Die vier Herren auf der Bühne bewiesen Routine und Übersicht. Es war nicht anders zu erwarten. Piazzolla war zuvor im Konzert schon verarbeitet worden, so wurde auf recht schwungvolle EDO-Klassiker gesetzt, aber auch immer wieder ein Stück aus dem Tangomusical „Forever Tango“ dazwischen gereicht. Der Humor, dürfte einen Wesenskern der jungen Musiker ausmachen, manches wurde da mit Augenzwinkern gespielt. Die Milongagemeinde war zufrieden.
Solo Tango Orquesta Diskografie: Das Solo Tango Orquesta hat bisher drei CDs veröffentlicht, die einen Überblick der Historischen Entwicklung des Tango wiedergeben. Ihre aktuelle CD: Solo Tango Orquesta & Lautaro Greco ist eine Live-CD, eines Konzerts mit dem Bandoneónisten Lautaro Greco.
Musikfreunde Bisamberg | Veranstaltungs-Homepage | Solo Tango Orquesta | Anna Poliakova | Gesa Weitzenböck
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„Harry“, wie er in der Szene genannt wird, wurde zum Frühlingbeginn 1926 im Sternzeichen Widder geboren und es gibt nur einen einzigen wie ihn. Nicht nur deshalb, weil er fast jeden Abend auf einer Milonga aufkreuzt, bei der er es sich nicht nehmen lässt, eine Dame nach der anderen aufzufordern, sondern vor allen Dingen deshalb, weil er der einzige Ü 90 Tanguero ist. Wobei ihm selbst das Alter ziemlich egal ist. Genau genommen – und das sagt er selber – ist er kein so „alter“ Tangotänzer, hat er doch erst vor ca. 10 Jahren damit begonnen. Damals war er zwar auch schon 82 Jahre alt, „aber das sei ihm weder aufgefallen und noch hätte es irgendeine Bedeutung.“
Botschafter des Tango Argentino
Meine Frage, ob ich vielleicht eine kleine Geschichte über ihn schreiben dürfe, führt uns umgehend zum Griechen über der Kornhäusl-Milonga, bei der seine Sonntage verbringt. Namen und Orte sprudeln nur so aus ihm heraus. Schnell wird klar, ich sitze einem tagesaktuellen Lexikon was Tanzschulen, Lehrer und Tango-Events in Wien betrifft, gegenüber. Am wichtigsten scheint ihm aber zu sein, dass wir über DEN Tango Argentino sprechen. Denn: „Tango und Tango Argentino, das ist ein Unterschied. Wiener Tanzschul-Tango hatte ich schon 1942, als Gymnasiast in der sechsten Klasse, so wie jeder Wiener Schüler damals, in einer Tanzschule kennen gelernt. Getanzt habe ich ihn dann speziell um 1948 während meiner Studentenzeit an der „Welthandel“. Da bin ich so richtig in das Tanzen eingestiegen. Zu La Cumparsita wurde der europäische Tango getanzt. Einen anderen Tanzstil kannten wir nicht,“ erklärt Harry und bringt damit ein Dilemma um den Tango in Wien – damals, wie heute – auf den Punkt. Alles dreht sich hier um Walzer. Jeder hier hatte Tango in seiner Tanzschule, aber kaum einer, außerhalb der Szene, kennt den Argentinischen Tango.
Am liebsten hat er Pugliese und seine Zeitgenossen und so taucht Harry allabendlich überall dort auf, wo dieser Tango gespielt wird und selbstverständlich bei vielen Milongas quer durch die Szene, aber auch dort wo fleißig geübt wird, wie z.B. bei den Studenten der Tangoklasse an der Technischen Uni oder in der Práctica der Galeria-Ideal. Regelmäßig finden sich Workshops in Wien, Bratislava und Sopron in seinem Terminkalender. Als wäre das noch nicht genug, sahen wir ihn auch schon in Videos des Hip-Hop Duos Trackshittaz und manch anderer, nennen wir sie höflich, Independent Musiker, wo er aber nur den skurrilen alten Typen im Hintergrund abgibt. Ohne ihn auch kein Event mit Dina Larot. Führt man sich seine Umtriebigkeit vor Augen, so könnte einem das unheimliche Gefühl beschleichen, der Mann könnte doch wirklich an zwei Plätzen zugleich gewesen sein.
Als Student hatte er sich ausgerechnet in die Tochter des Tanzschulbesitzers Mühlsiegl verliebt. Sie wurde geheiratet und er damit auch Mitglied alter, traditionsreicher Wiener Tanzschuldynastien. Dennoch startete der Diplom-Kaufmann und Sohn eines Cellisten und Primgeigers der Wiener Volksoper, eine solide Banken-Karriere. Ohne diese, wäre er heute wohl nicht Mitglied der Wiener Tango-Community: „Ich war und bin Mitglied im Erste Bank Tanzclub, der alljährlich einen Ball in Baden bei Wien veranstaltet. 2008 hatte ich dort bei einer Tombola einen Gutschein für vier Stunden Tango Argentino Unterricht gewonnen. So hat das mit dem argentinischen Tango begonnen,“ erfahren wir.
Dem Beginn folgte Jahre später ein Besuch in Buenos Aires. Am Flohmarkt in St. Elmo gab ein älteres Showpaar sein Bestes und er wurde zum mittanzen aufgefordert. „Don’t think about steps. Dance! Diese innigen Umarmungen, wie es sie dort gibt, sind die Damen zu Hause nicht gewöhnt.“ Also orientierte er sein Umarmen, Führen und Spüren neu. 2012 schien das Schicksal den Tänzer Harry in die Knie zwingen zu wollen. Ein Sekundenschlaf hinter dem Lenkrad ließ den 86-Jährigen mit zertrümmerten Fersenbein und Schrauben im Knochen zurück. Harald Fitz war gezwungen im Tango Anfängerkurs einen neuen Beginn zu setzen. Er musste zu einem anderen Stil finden. Die schwungvolle Eleganz in der Drehung ist heute nicht mehr möglich. So mag das Ganze jetzt etwas statisch und minimalistisch in der räumlichen Bewegung wirken, aber das Gefühl für die Musik und die Leidenschaft im Tango ist ihm geblieben. Es verwundert nicht, wenn da so manche Mittzwanzigerin zuerst einmal leicht erschaudert, wenn Harry einen galanten Cabeceo in ihre Richtung andeutet. Am Ende zeigt sich die Damenwelt nuanciert, von begeistert bis freundlich zurückhaltend. Harry hat sich beharrlich eine ihm geneigte Tänzerinnen-Gemeinde aufgebaut. Dass diese wesentlich jünger als er ist, liegt im wahrsten Sinne in der Natur des Lebens an sich.
Insgesamt ist der nun 92-Jährige aber mit sich und seinem Tango zufrieden. Harald Fitz kennt die Wiener Tangoszene wie kein anderer. „Es unterrichten hier zu viele, die den Schülern nur Figuren mitgeben und nicht mehr“ , hält er kritisch fest und um ein abschließendes Statement gebeten meint er: „Tango ist Kommunikation und ein Lebensgefühl das über die Bereicherung meines Lebensabends hinausgeht. Nach jedem Schritt kann etwas anderes kommen und alles kann man auch spiegelverkehrt herum tanzen. Ich kann das Exakte und Gedrillte nicht mehr sehen.“ Wir sollten Harald Fitz zum Botschafter h. c. des Tangos in Wien ernennen.
Harald Fitz auf Facebook
Über Harry habe ich auch im Tangodanza geschrieben
Fotos: © Bernhard Siegl, © Mischa Nawrata. Zeichung: © Reinhard Trinkler
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Chantal Imboden & Sebastian Tkocz, vom Art. 13 Tango in Berlin , hatten zur bereits 9. Wiener Tangobewegung geladen. Das Seminar in Wien erstreckte sich auf Samstag und Sonntag, denen am Freitag eine geführte – und für alle offene, Práctica vorangestellt wurde. Zur Práctica zeigte eine gut besuchte Galeria-Ideal das große Interesse an Chantal & Sebastian, dass über die reine Seminarteilnehmerschaft hinaus ging. Sie diente dem Kennenlernen von Chantal & Sebastian und bereitete auf ihre Unterrichtsmethodik vor. Sie ermöglichte Neugierigen ein Schnuppern und jenen, die keinen Platz im Seminar ergattern konnten, so doch etwas von Chantal & Sebastian mitzunehmen. Manche waren auch einfach nur wegen der Abwechslung da. Als Thema hatten Chantal & Sebastian Richtungsänderungen gewählt und boten ein paar interessante Alternativen dafür an, wie zB. die Richtungsänderung aus Ochos heraus oder auch vom Kreuz ausgehend. Basico-Jünger bekamen eine Ahnung, wie einfach die Alternative wäre, wenn man sich einmal dazu bequemt und die Seminarteilnehmer fassten Vertrauen zu ihren Lehrern.
Seminar: Die beiden Seminartage am Samstag und Sonntag, umfassten, jeweils am Nachmittag, zweimal fünf Stunden Unterricht. Die Teilnehmerzahl war auf 16 Paare begrenzt worden. Die Organisation durch Wolfgang Lachkovics hatte perfekt dafür gesorgt, dass sich das auch für die Singles ausging. Die Atmosphäre und Stimmung unter den Teilnehmern war gelöst und herzlich. Das Können der Teilnehmer war nicht zu weit gestreut. Jeder war zumindest Milonga geeicht. Einige kannten sich und waren Stammgäste, andere, so wie ich, waren zum ersten Mal dabei. Es gab eine Warteliste hatte ich erfahren. Chantal & Sebastian sind erfahrene Lehrer. Ihr Credo: “Schüler kommen nicht zum Lehrer um den Lehrer zu sehen, sie kommen weil sie selber tanzen wollen.” Ein Unterricht auf den Punkt gebracht fand hier statt. Das beruhigte mich ungemein. Die Langsamkeit und die Geduld machten den Unterschied – etwas, an dass ich mich erst gewöhnen musste. Ich beschäftigte mich fokussierter mit meinen „Unzulänglichkeiten“ und nahm die „Anderen“ kaum wahr. Alle Zeit der Welt zu haben, sorgte dafür, das auch alle viel zügiger und rascher voran kamen, als gedacht. Sogar der häufige Partnertausch machte mir keinen Stress. Vielleicht lag es daran, dass hier keine Figuren – im eigentlichen Sinn – vorgezeigt wurden, sondern nur die Bewegungsabläufe und wie Bewegung an sich funktioniert. Welche Muskeln und welche Kräfte im Spiel sind und welchen Raum man braucht. Niemand wollte hier irgendjemanden erklären was der richtige Tango ist und kein geckenhaftes Getue eines Maestros störte die Abläufe. Ganz im Gegenteil, kam man nicht weiter, ging/tanzte man einfach ein paar Schritte mit Chantal oder Sebastian und bekam punktgenaues Feedback welche Nuancen da im Körper oder an der Ausführung nicht so ganz zusammenpassten. Das gab mir Sicherheit und jenes Vertrauen in mich, dass ich suchte. Interessant fand ich auch, so eine Art Abschlussübung, bei der Chantal alleine eine Schrittfolge vortanzte und wir als Führende sollten uns überlegen, wie wir das mit der Partnerin umsetzen würden, um zum vorgezeigten Ergebnis zu kommen.
Das Ergebnis: Ich erkannte, dass ich meine Verbindung über eine antrainierte statische “Kompression” suche. Etwas, das sehr hinderlich für Colgadas ist. Colgadas sind nicht nur schwungvolle Drehungen, nein, sie sind besonders sanftes Gehen. Gegensätze die auseinanderstreben, wollen aber erst einmal verbunden werden. Ein natürlicher Vorgang, denn die Extension, also der Zug weg vom Partner, ist in erster Linie eine Streckung der Gelenke. Der Körper wird ganz von alleine länger, die Rotation folgt zwangsläufig. Das ist meine wichtigste Erkenntnis und es wird seine Zeit dauern, bis das aus der Umarmung heraus klappt – oder zu inniger Umarmung führt. Nein, Angst, eine Colgada zu tanzen habe ich nicht mehr. Sie macht sogar sehr viel Spaß, wenn man die Richtung im Griff hat, die wiederum eine Sache der Körperhaltung ist.
Volcadas sind ein zueinander geneigtes Führen des freien Beins. Ich erkannte, dass dieses Spiel eines “voneinander wegkehren und zueinander ziehen” völlig natürlich abläuft. Ja, wir tun es den ganzen Tag über, wenn wir uns die Hand geben, eine Tür öffnen, etwas tragen. Irgendwann klappte es dann tatsächlich, die Partnerin in eine Position zu führen, die in Folge einen fließenden Wechsel zwischen Colgada und Volcada, in enger oder offener Umarmung, schafft, um einen dynamischen und abwechslungsreichen Tanz zu erleben. Dass es gelingt, habe ich erlebt.
Info: Chantal Imboden ist Schweizerin, Sebastian Tkocz Berliner. Seit 20 Jahren betreibt das Paar eine Tangoschule in Berlin. Sie bieten Anfänger und Fortgeschrittenen einen didaktisch ausgefeilten Unterricht. Die Seminare der Tangobewegung finden in verschiedenen Städten Deutschlands und in Wien statt.
Tangobewegung | Art. 13 Tango Berlin | Galeria-Ideal
Kontakt in Berlin [email protected] | Kontakt in Wien [email protected]
]]>Im Rahmen des kleinen Festivals “Treff.Kunst” , im Brick-5 in der Herklotzgasse 21, in Wien, spielte das vielseitige und sehr beschäftigte Trio, Tango. Als Rahmen wählte man Astor Piazzollas „Vier Jahreszeiten“ (Las Cuatro Estaciones Porteñas) und für überraschende Akzente sorgten jene Auftragswerke, die von österreichischen Komponisten in Anlehnung an Piazzollas Schaffen, für das Trio geschrieben wurden.
Das dreitägige Treff.Kunst Festival von Ana Topalovic , brachte den in Wien ansässigen renommierten Modedesigner Goran Bugaric , der auch für das Outfit der Musikerinnen verantwortlich zeichnete, die Künstlerin Sabine Pleyel mit ihren Kleinskulpturen und das erfolgreiche Trio Frizzante zusammen. Das junge Trio, das seit 2009 besteht, wird von Marlies Gaugl (Flöte), Ana Topalovic (Violoncello) und Doris Lindner (Klavier) gebildet. Die drei Musikerinnen gehören jener aufstrebenden Generation an, die hochprofessionell agieren, mit Preisen bedacht sind und eine unbändige Liebe zur Musik und Willen zur Entwicklung zeigen. Ihr hohes Niveau beweist sich auch, durch ihre Aufnahme in das Förderprogramm des österreichischen Außenministeriums “The New Austrian Sound of Music” (NASOM) , wodurch sie in ganz Europa und sogar im Iran und Südafrika konzertierten und zu Workshops eingeladen wurden. Sowohl auf internationalen Bühnen, als auch im kleinen Brick-5, liefern sie konsequent musikalische Qualitätsarbeit.
Mit Tango per tre gestalteten sie einen Ausnahmeabend. Üblicherweise ist ihr Repertoire klassische Kammermusik, aber die Cellistin Ana Topalovic liebt auch den Tango. Neben den „Estacianoes“ von Piazzolla und älteren Tango Stücken, die speziell vom argentinischen Komponisten Lucio Bruno-Videla arrangiert wurden, hörten wir noch Auftragswerke der österreichischen Komponisten Piotr Skweres , R einhard Summerer und Mario Gheorghiu . Letzter komponierte mit „Waltzin“ , einen Tango, der auf der Idee basiert, dem „männlichen“ Walzer eine „weibliche“ Entsprechung gegenüber zu stellen. Der Komponist nutzte die Chance, per Kammermusikarrangement, eine Waltzin in ihrer Klangtonalität zwischen Vals und Elementen eines Walzers, floaten zu lassen. Ein überaus mitreißendes Musikerlebnis, dem man – so banal möchte ich das ausdrücken – Hitpotenzial zuschreiben kann. Mit „Está herido mi corazón“ interpretierten die Musikerinnen ein Arrangement von Lucio Bruno-Videla, das auf dem Stück der Sängerin Viviana Lorca-Ramos basiert, welches voller Leidenschaft eine innige Beziehung authentisch spüren lässt, dass mit einem lauten musikalischen Aufschrei endete. Nicht zufällig soll es sich im tatsächlichen Leben der beiden so zugetragen haben. Piazzollas „Jahreszeiten“, die er selbst mit zahlreichen Anklänge an den Tango Nuevo komponiert hatte, verlieren durch die Instrumentierung des Trios an Schärfe und gewinnen an Melodie, ohne ins gefällige abzurutschen.
Die Arrangements sind von einer gleichwertigen Beteiligung der Instrumentierung getragen. Es wird auf Soli verzichtet und selbst längere Passagen, die lediglich von einem Instrument getragen werden könnten, wurden vermieden. So ergibt sich am Ende ein Sounderlebnis, das geeignet ist, in einen (kammermusikalischen) Flow zu führen. Etwas, dass zB. Tangotänzer nur zu gut von Tandas kennen – und dort auch das Ziel ist. Von „Tango per tre“ existiert keine CD, so bleibt nur der Appell: „Nützen die Gelegenheit“ das Trio zu hören, wenn sie sich bietet.
Trio Frizzante – Tango per tre, 17.02.2018, Brick-5, Herklotzgasse 21, 1150 Wien
Treff.Kunst Festival von Ana Topalovic
Playlist:
Silueta porteña – Nicolás Cuccaro, Arr. Lucio Bruno-Videla
Otoño porteño – Astor Piazzolla
Tango – Anna Lang
Tango per tre – Piotr Skweres
Inverno porteño – Astor Piazzolla
Está herido mi corazón – Vibiana Lorca-Ramos
Tango Concepts – Reinhard Summerer
Primavera porteño – Astor Piazzolla
Taquito militar – Mariano Mores, , Arr. Lucio Bruno-Videla
Trio – Chick Corea
Verano porteño – Astor Piazzolla
Trio Frizzante | Festival Treff Punkt Kunst | Brick-5 | Bugaric Design
Fotos: © Maria Frodl, © Bernhard Siegl
]]>Er nennt sein Werk eine Kompilation , für die der Autor das Format einer chronologische Historie gewählt hat, die sich auf 117 Seiten erstreckt, die er 1910 beginnen und um 2005 enden lässt. Sein Buch stützt sich zuerst auf alte Chroniknotizen und Zeitungsberichte und führt den Leser zum Ende hin, durch immer persönlicher gefärbte und kommentierte Erlebnisse, des Zeitzeugen Eder, in die Gegenwart. Das im Eigenverlag erschienene, in Stil und Aufmachung wissenschaftlich gestaltete Buch, legt dem tangoaffinen Wiener eine Fundgrube mit zahlreichen „Aha-Effekten“ vor. Mit akribischen Quellenangaben, zahlreichen schwarz-weiß (!) Fotos, Abbildungen von Karikaturen, Plakaten und Flyern und einem Namensregister versehen, punktet es mit Vollständigkeit, die sogar als unterhaltsame Diplomarbeit durchgehen könnte.
Der 75-Jährige, heute in Triest lebende, Otto Eder, ist in der Wiener Tangoszene kein Unbekannter. War er doch über Jahre selber fester Bestandteil dieser Szene, ihr Beobachter und dessen Kommentator als Herausgeber eines Tangomagazins. Das halbe Buch widmet sich dem Zeitraum bis zum Ende der 1920er Jahre: Das geschwungene Tanzbein, der Tango im Frack bei Champagner und in die Hölle spielte sich zwischen Kritzendorf und Semmering ab – sind Kapitelüberschriften, die einen Hang zu ironischen Kommentaren widerspiegeln. Sie begleiten eine übervolle Sammlung von Zitaten und Berichten, die einen schmunzeln machen und ein lebhaftes Bild des Tango und der Gesellschaft von damals bieten. Was die Tageszeitungen schrieben oder das Feuilleton der „Neuen Freien Presse“ präsentierte war skurril, witzig und zumeist dem Wettstreit von Walzer und Tango geschuldet. Selbst der große Karl Kraus ließ sich1914 in seiner Fackel, zu einem „Der Sieg des Walzers über den Tango“ hinreißen. Am Ende könnte man fast der Meinung sein, es hat sich bis heute nicht viel verändert.
Naturgemäß bietet der Zeitraum der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre nur wenig über den Tango in Wien, trotzdem gelang es Otto Eder, das Wenige zu recherchieren und die, mehr an Verrücktheiten erinnernde Art und Weise, wie man den Tango sah, zu schildern. So richtig in Fahrt kommt das Buch dann wieder, beim Versuch den Ausbau und die Reifung der Tangoszene in Wien, ab den beginnenden 1990er Jahre bis Mitte der Nuller Jahre, zu dokumentieren. Die Genese einer Szene , nennt es der Autor. Er meint damit den Tanz und die Milongaszene. Eder versucht die Frage zu beantworten, wann, wie und wer den Neustart der Tangoszene in Schwung brachte und widmet sich der seither immer wieder aufflackernden Diskussion um den „richtigen“ Tango. Dabei bleibt er seinem Stil treu und lässt ausgewählte Protagonisten zu Wort kommen, die er zahlreich davon vorstellt. Menschen, denen wir heute in der Szene begegnen, von denen wir oft gar nicht wissen. Dadurch gewinnt man den Eindruck, dass der getanzte Tango in Wien, seit jeher eine lokale Färbung hat, die sich einem Fremden nur nach und nach erschließen wird. Das Buch ist eine gute Möglichkeit, den Tango, so wie wir ihn aktuell in Wien vorfinden zu verstehen und könnte damit so manche „ideologische“ Gespanntheit zwischen Modernisten und Traditionalisten entspannen. Otto Eder beendet seine Zeitreise Mitte der 2000er Jahre mit einem letzten Seufzer und empfiehlt sich allen, die einen kompetenten, aber auch sehr kompakten Überblick zur Geschichte des Tangos in Wien und einiger ausgewählter Mitwirkenden suchen.
Otto Eder, Tango! Ein Fremdling in Wien, Eigenverlag – El tango. Revista viena. Sonderedition, Wien 2018, DIN A4, 117 Seiten, zahlreiche Abbildungen.
Bestellungen bei: [email protected] ; Preis € 15
Zur Person Otto Eder: 1942 in Wien geboren, studierte er Kunst an der Hochschule für angewandte Kunst (Diplom), danach an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst (Film und Fernsehen). Tätigkeiten als Künstler, Kulturtheoretiker und freier Journalist. Von 2003 bis 2013 Herausgeber der Reihe el tango. revista viena. Lebt in Wien und Triest.
Bild: ©Privat
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Tag 619:
Ich hatte doch erst vor 120 Tagen hier beschrieben, wie vielfältig die Möglichkeiten zu Erfahrung abseits des Wiener Tangokonformismus geworden sind. Wieder habe ich etwas Neues entdeckt. Lilli’s Ballroom nennt sich das und hat sich einem wunderbaren Motto verschrieben:
„Wo es keine Grenzen gibt, tanzt die Freiheit.“
Etwas unsicher war ich schon. So ganz ohne Berührungsangst ging es dann doch nicht. Es war wohl auch eine Art von intellektueller Neugier, wie sich blinde Menschen mit dem Tango tun, so ehrlich möchte ich schon sein. Sicherheitshalber hatte ich Freundinnen aktiviert, die mitgekommen waren. Ich stehe also, per Augenmaske “erblindet”, in einem Sportsaal des Blinden- und Sehbehindertenverbandes in der Häglingasse, weil ich mich zu einem Workshop angemeldet hatte. Irgendwie schien es mir logisch, dass Blinde Menschen sich wesentlich feinfühliger und kompetenter bewegen können. Davon versprach ich mir einen Erfahrungszugewinn. Allen Ernstes hatte ich erwartet, dass wir uns da aufstellen und Figuren tanzen. Natürlich läuft das anders. Auch Sehbeeinträchtigte müssen zuerst einmal Bewegung, Achsen und Rhythmus kennenlernen. Karen und Jörg betreuen mich und die Gruppe, die aus fünf blinden bzw. sehbehinderten und fünf normalsichtigen Tanzfreunden besteht. Ein ausgeglichenes Frau-Mann Verhältnis ist wohl Zufall. Wir beginnen einfach Mal zu stehen, am Stand zu gehen und uns aufeinander zuzubewegen und ich erspüre bewusst, welche Teile meines Fußes den Boden berühren, wie ich mich einer Dame nähere, ihr die Hand reiche und sie berühre. Es ist erstaunlich, wie sicher das eigentlich geht. Um wie viel einfacher eine Annährung ist, wenn ich nicht von Äußerlichkeiten oder Erwartungen abgelenkt werde. Erste Lektion gelernt: Ich lasse mich viel zu viel von der Umgebung ablenken. Ich bin überhaupt nicht fokussiert auf die Begegnung mit einer Partnerin.
Und so nebenbei erlebe ich, dass es ebenso überhaupt keinen Unterschied macht, ob ich in der Tanzschule eine Kollegin umarme oder hier eine blinde Dame.
Musik wird eingespielt und wir versuchen uns dazu zu bewegen, versuchen in den Körper zu horchen, wo die Musik ihre Wirkung entfaltet und in welchem Bereich, wo genau im Körper dadurch eine Reaktion erfolgt die Bewegung ausgelöst. Ich verstehe plötzlich das schon längst bevor ich bewusst den Fuß bewege oder die Schulter drehe, mein Körper ein Signal gesendet hat, dass mein Gegenüber spürte und darauf reagierte. Lektion zwei gelernt: Ich führe schon längst bevor ich es selbst merke.
Meine Führungsimpulse werden irgendwie sparsamer und effektiver und bekommen einen besseren Wirkungsgrad. Das ist doch schon sehr viel. Auf das Leader-Follower-System angesprochen, wird uns erklärt, dass Mann zwar führt, aber Frau für den Raum hinter ihr Verantwortung übernehmen kann. Ahja, das ist doch eine faire Aufgabenteilung. Sie muss es halt nur lernen. Apropos Fairness: ein spielerisches Wechseln zwischen Führen und Folgen unabhängig vom Geschlecht ist fester Bestandteil jeder Übung. Auch was Neues, mich mal führen zu lassen. Ich weiß nicht, wie das Blinde Menschen erleben, ich habe mich nicht mit ihnen unterhalten, aber ich möchte als Erkenntnis weitergeben, dass ich nach 619 Tagen Tangoerfahrung noch nie so sehr mit meinen Innenleben einverstanden war, was meine tänzerische Bewegung betrifft, als wie in dieser Stunde.
Für Interessierte: www.lillisballroom.at
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Mitten im Sommer findet der Karneval an der Mündung des Rio de la Plata statt. Drückende Hitze, beißender Rauch vieler Grillstände, die „choripan“, das Brot mit Paprikawurst im Takt der Trommeln verkaufen. Kinder liefern sich Schaumspray-Schlachten. Clowns, Feuerspucker, Stelzengeher und viele, viele Fahnen. Die Straßenecke Corrientes/Medrano ist rammelvoll. Der recht eintönige Rhythmus im dumpfen Donnern der Bombos (Trommeln) , dieses blecherne Scheppern der Platillos (Becken) und das gänsehautschnarren der Redoblante (Rasseln, Snare-Drum) wirken beklemmend, unheilverkündend und geheimnisvoll. Die unbeholfenen Verrenkungen und Sprünge, sie werden wie in Zeitlupe ausgeführt, mit der die Gruppen durch die Straße ziehenden, haben wenig gemein mit Fröhlichkeit und Ausgelassenheit unserer Faschingsumzüge.
Eine „
murga“
ist eine Gruppe von Sängern, Trommlern und Tänzern die im Karnevalsumzug marschiert. Sie begleiten sich in eigens dafür komponierten Märschen. Heute steht die Bezeichnung
„la murga“
ganz allgemein für den Karneval im
Río de la Plata Gebiet
, der den ganzen Sommer über andauert und das Straßenbild der ärmeren Viertel bestimmt.
„la murga“
unterscheidet sich erheblich in den Ländern
Argentiniens
und
Uruguay
in Form und Bedeutung. Fast jedes Viertel in
Buenos Aires
hat eine eigene
Murga
. Sich mit dem eigenen Viertel zu identifizieren, es vorzustellen und seine Vorzüge und Besonderheiten zu loben ist Teil der Show. Traditionell treten Murgas in den sogenannten
Tablados
(Stadtteilbühnen)
auf, um das
Cuplé
anzubieten. Das ist eine süßsaure Jahreschronik der Ereignisse, welche die Gesellschaft bewegen.
Vor mehr als 150 Jahren brachten Einwanderer aus dem Rheinland die Traditionen des Kölner Karnevals an den Río de la Plata . Hier verschmolz er mit Elementen des Karnevals aus dem südpanischen Cádiz und der Kanaren mit der Musik der ehemaligen schwarzen Sklaven zu einer eigenständigen Volkskultur. Die erste Nennungen des Begriffs Murga gab es 1876, in der Zeitung „ El Ferrocarril“ aus Montevideo . Auf Dosen und Kübel einschlagend und mit Mehl, Eiern und Farbe „bewaffnet“, zogen die Karnevalisten laut singend und tanzend durch die Straßen, um mit anzüglichen Sprüchen Obrigkeit und feine Gesellschaft durch den Kakao zu ziehen.
Gerade Mal zehn
Murgas
überdauerten die dunkle Zeit der Argentinischen Diktatur. Nur allmählich kehrten sie wieder zurück, wobei eine eigene, 1997 gegründete Kommission, die sich um die Wiederbelebung des Brauchtums in Argentinien bemühte, ein Überleben der
Murga
sicherte. Aus den damaligen 32 Murgas sind mehr als hundert geworden, die mit insgesamt 15.000
„
Murgueros
“
das Leben in
Buenos Aires
mitbestimmen.
Jede
Murga
hat ihre eigene Tradition, pflegt besondere Farben und verfügt über sie kennzeichnende Maskottchen. Typisches Outfit eines
„Murgueros“
ist der fantasievoll verzierte – meist selbstgenähte – Seidenfrack, Handschuhe, Fliege und Hut. Entstanden ist das Outfit durch die schwarzen Sklaven, die sich den Frack der Herren stahlen und ihn nach außen gewendet trugen. So wurde das glänzende Innenfutter sichtbar, welches heute durch Seide und Pailletten symbolisiert wird. Das Outfit ist wichtiger als der Tanz und die Musik, die streng festgelegter Choreografie folgen. In den Texten werden politische und gesellschaftliche Themen stark pointiert bis sarkastisch aufs Korn genommen. In jüngster Zeit wird auch mit experimentellen Theater und alternativen Musikstilen aufgefallen. So finden politische Demonstrationen eine Projektionsfläche, aber auch Sozialarbeit – um Kinder von der Straße zu holen – ist Bestandteil der
Murga
geworden. Wegen ihrer schonungslosen Kritik an den sozialen Verhältnissen waren – und sind sie weiterhin – stets dem Argwohn der jeweiligen aktuellen Regierungen ausgeliefert, die ihre Aktivitäten nie gerne sahen. In den letzten Jahren ist dieses Genre stark gewachsen. Auf Grund ihrer enormen politischen Relevanz hören immer mehr Jugendliche charakteristische Murgasound, der längst auch in die lokale Popmusik Eingang gefunden hat. Die
Murga
konnte sich ihre Identität weitgehend bewahren, wohl auch deshalb, weil sie bis heute keine Touristenattraktion wurde. Die Gruppen ziehen an den Februarwochenenden abends durch ihre Viertel und ziehen dabei bis zu einer Million Zuschauer an, die sich als Fans und Kenner der jeweiligen Gruppe zu erkennen geben.
Carnaval 2018 – Corsos en Buenos Aires (Aktueller Karneval Event Kalender)
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